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abstract landscape
2020-2021
Acryl, Stift, Lack, auf Leinwand
diverse Grössen
Es wird gekratzt, gemalt abgekratzt und weder übermalt.
Schichten von Farbe,...
Acryl, Stift, Lack, auf Leinwand.
PDF/ Text zu den Werken
JANET MUELLER
NOTHING
(C) 2024 / GALERIE KÖNIG BÜRO / INSTAGRAM
Janet Mueller wurde 1975 in der ehemaligen DDR geboren. Vielleicht hat diese Kindheit in einer – im wahrsten Sinne – begrenzten Welt damit zu tun, dass ihre Kunst sich jeder Etikettierung, jeder Einordnung und auch jeder Kontrolle verweigert: Sie ist instinktiv, in ihrem Wesen ursprünglich und frei. Sie entspringt dem Teil des Menschen, der sich von keinem System beherrschen lässt; sogar die Künstlerin selbst ist ihrem Drang zur Kunst in gewisser Weise ausgeliefert. «Ich kann nicht nicht gestalten» sagt sie, und so vergisst sie in Phasen intensiven Schaffens die Zeit und alles um sie herum und arbeitet bis zur körperlichen Erschöpfung. Sie taucht ein in welche Welt auch immer sich gerade vor ihr auftut, manchmal triggert ein gefundenes, weggeworfenes Objekt den Prozess, manchmal ist es eine Struktur oder Haptik, die ergründet werden will oder es ist eine Technik, von der Mueller nicht mehr lassen kann, bis sie alle Spielarten ausprobiert hat. Was sich wie ein roter Faden durch ihre Werke zieht, ist eine fast schon kindliche Neugier und Offenheit, eine fragende Herangehensweise gepaart mit einem Instinkt für Proportionen und minimalistische Ästhetik - eine Kombination, die jedem Werk eine intuitive, sinnliche Zugänglichkeit verleiht.
Schon seit vielen Jahren sind Frauen und Formen der Weiblichkeit ein wiederkehrendes Thema ihrer Arbeiten. Es ist ein fragender Blick, zart, liebe- und verständnisvoll, der bisweilen doch auch eine Forderung beinhaltet. Beim Betrachten der Werke betrachten wir immer auch den Blick der Gesellschaft auf die Frau: Oft sind es übermalte Fotografien von Frauen in Werbungen, von der Künstlerin zurückerobert und ermächtigt. Waren es anfangs noch zarte Linien, die Silhouetten andeuteten oder vertraute Formen, die nach Licht und Schatten suchten, lösen sich die neueren Werke immer mehr auf: Der Fokus wechselt zu den Landschaften, die Körper verschwimmen mehr und mehr. Erst bei genauerer Betrachtung treten sie zu Tage, sie schimmern unter Farbschichten hervor, offenbaren sich in gekratzten Reliefs – sie sind blosse Ahnungen, so feinstofflich wie ihre ewige Anziehungskraft.
Mueller hat sich in den letzten Jahren, nach intensivem Studium aller Variationen der Linie – von Hand gezogen, mit Tape geklebt, organisch, geometrisch, zaghaft, bestimmt – vermehrt dem zugewandt, was Linien oft erst herstellen: Den Flächen. Strukturen und Texturen werden erforscht, Farben entdeckt und zum Spiel aufgefordert. Flächen, tief, dicht, bodenlos, wild, sind wackeligen Rastern und Mustern gegenüber gestellt, die sich wie eine Persiflage auf unsere Idee von Ordnung und Kontrolle legen. Wie immer bei Mueller wird beim Betrachten der Bilder eine Seite in uns geweckt, die im Alltag unserer ziel- und leistungsorientierten Gesellschaft viel zu selten zu Wort kommt: die intuitive, kindlich-freie Lust an der Kreativität, am Ergründen der Schönheit.
Text, Michéle Roten, Autorin